Freitag, 28.2.2025
ERÖFFNUNG D.A.I.
Calendar Girls


| 18:00 Uhr l d.a.i.
von Love Martinsen, Maria Loohufvud
USA / Schweden 2022, 84 Min., Dok umentarfilm, Englische Fassung
Die Liebe zum Tanz schweißt ungewöhnliche Frauen über
60 in Florida zusammen: Die Calendar Girls sammeln bei
200 Auftritten im Jahr Spenden für Assistenz-Hunde von
behinderten Veteranen. Ihre Tänze versprühen Atmosphären
von Showgirls, Zumba und viel Haltung. Doch unter spektakulären
Kostümen, Fischernetzen, Federn, hochrotem
Lippenstift Marke „Kiss Me You Fool“ und viel Glitzer tauchen
tiefere Wahrheiten auf: ältere Frauen werden gesellschaftlich
diskriminiert!
In loyaler Schwesternschaft suchen sie Erfüllung im Leben
wenn dieses sich dem Ende nähert; da wägen sie mal nüchtern
ab, ob Sterbehilfe eine gute Option ist. Lebensgeschichten
entblättern sich: die ehemalige Undercover-Polizistin,
im Drogenmilieu nur von Männern, nun von Frauen umringt;
Hausfrau kreiert lieber künstlerischen Kopfschmuck als
Küche zu putzen; die unheilbar kranke Technikerin kann
keine Telefonmasten mehr erklimmen, muss die Tanzgruppe
verlassen; oder die Ex-Strafgefangene vergnügt wippend am
Musikpult. Ein mitreißender, lebensbejahender Film um
Frauen, die selbstbestimmt altern wollen, sich der Unsichtbarkeit
verweigern, dabei eine Menge Spaß haben und
leidenschaftlich verehrt werden in ihrer Community.
6 Internationale Filmpreise
In Kooperation mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut

Freitag, 28.2.2025
20:30 Uhr l d.a.i. FilmemacherIn angefragt
von Farahnaz Sharifi
Iran / Deutschland, 2024, 82 Min., Dok umentarfilm, OmdU
My Stolen Planet


„Sobald ich von der Schule nach Hause kam, nahm ich noch
im Hof meinen Hijab ab“, erinnert sich die Regisseurin an
ihre Kindheit im Iran der 1980er-Jahre. Sie zeigt das Foto
eines lächelnden Mädchens mit Haarspange und Schuluniform:
in der einen Hand das Kopftuch, in der anderen
den Bücherranzen. Aus eigenen Bildern und Erinnerungen
sowie von Flohmärkten geretteten Aufnahmen Fremder
schafft Farahnaz Sharifi, geboren während der islamischen
Revolution 1979, eine alternative Geschichte des Iran. In der
Sammlung von 8-mm-Filmen, von verschiedenen Menschen
erworben, stellt sie Momente der Freude und des Widerstands
zusammen – im Kontrast zwischen innerer Freiheit
und äußerer Unterdrückung. Auch Farahs an Alzheimer
erkrankte Mutter motiviert sie, gegen das Vergessen und
für die Bewahrung ihrer Identität zu kämpfen.
Dann beginnt im Herbst 2022 die Jin-Jiyan-Azadî-Bewegung
und markiert für Farah, wie für viele andere IranerInnen
auch, einen Wendepunkt in ihrem Leben. Das Persönliche
wird zum Politikum – Tanzen wird zur Geste des Widerstands,
der Unterdrückung stellt sich Solidarität entgegen,
aus Wut wächst Mut. Farahnaz Sharifi muss ins Exil gehen.
Die Revolution geht weiter.
20 internationale Preise, u.a. Amsterdam, Chicago, Thessaloniki,
Basel, DOC München

Samstag, 1.3.2025
18:00 Uhr l d.a.i.

von Hasan Oswald
Irak / Syrien / USA, 2023, 90 Min., Dokumentarfilm, OmeU
Mediha


Ein rot-schwarzer Schmetterling auf gelber Blume vor
blauem Himmel, so fängt Mediha ihren Videotagebucheintrag
an, und führt in Wackel-Einstellungen zu ihrem
Daheim: ein Container-Flüchtlingscamp im Irak, in dem sie
seit 2 Jahren lebt. Auch hier faszinieren sie zuerst die putzigen
Küken, die auf dem ausgetrockneten Boden umherrennen.
Jahrelang gefangen von ISIS, die sie als Sex-Sklavin
gekauft und verkauft haben, ringt die feinfühlige 15-jährige
Jesidin mit ihrem Trauma und dem Verlust ihrer Familienmitglieder
– darunter die Eltern und der kleine Bruder,
die immer noch unter den 3.000 Vermissten sind.
Gemeinsam mit ihren Brüdern Ghazwan und Adnan,
um die sie sich wie eine Mutter kümmert, begibt sie sich
auf die Suche nach den vermissten Familienmitgliedern.
Über drei Jahre und mehrere Länder hinweg ringt sie um
Gerechtigkeit und den Wiederaufbau ihres Lebens. Videoeinträge,
intime Gespräche und Filmmaterial beleuchten
Nachforschungen und versuchte Befreiungsaktionen, die
immer noch angestrengt werden, um ihre Familie heimzubringen.
Der extrem berührende Dokumentarfilm entschlüsselt
die Komplexität des tiefen Schmerzes, aber auch
der resilienten Hoffnung der jesidischen Community.
13 internationale Preise, u.a. Grand Jury und Audience
Award DOC New York

20:30 Uhr l d.a.i.
von Shiori Ito
Japan / UK / USA, 2024, 104 Min., Dokumentarfilm, OmeU
Black Box Diaries


Eigentlich wollte Shiori Ito Journalistin werden, um von
anderen Menschen zu erzählen. Dann wird sie selbst zur
Nachricht. Als Ito ihre Karriere in Japan beginnt, wird sie von
einem älteren, renommierten Kollegen unter Drogen gesetzt
und vergewaltigt. Nach Überwindung des ersten Schocks beschließt
sie das Unvorstellbare, das Unwahrscheinliche: sie
wird den Biografen und Vertrauten des mächtigen Premierministers
Shinzo Abe dafür vor Gericht bringen.
Sie geht an die Öffentlichkeit und beginnt, ihren Kampf für
Gerechtigkeit filmisch zu dokumentieren. Persönliche Videotagebucheinträge,
Archivmaterial, geheime Ermittlungsvideos
und Interviews mit ExpertInnen geben Einblicke in
die Entwicklung des Falls; und sie begleiten parallel Ito’s
emotionale Aufarbeitung – die Höhen und Tiefen auf ihrem
Weg, die Ikone der japanischen #MeToo-Bewegung zu werden.
Die Kamera folgt ihr von ihrem 27. bis zum 33. Lebensjahr,
wie sie erfolgreich gegen ein hoffnungslos veraltetes
Justizsystem und zugleich ein patriarchales Gesellschaftssystem
ankämpft. Ihr vielfach preisgekrönter Dokumentarfilm
feierte Premiere bei Sundance und schlug in Japan hohe
Wellen. Cinéma-vérité und emotionaler Thriller zugleich.
16 internationale Preise, u.a. Sundance, Hongkong, Zürich,
San Francisco

Sonntag, 2.3.2025
16:00 Uhr l d.a.i.
von Alina Cyranek
Deutschland, 2024, 43 Min., Dok umentarfilm, DF
Kommen I Gehen I Bleiben


„Sie hat nicht geschrien, und rechts und links vom Kreißsaal
haben die Babys einfach geschrien. Und meins nicht. Wir
haben uns so gewünscht, mach die Augen auf und schrei,
schrei, so laut du kannst. Aber sie hat nicht geschrien.“
Jessica, Bine und Vera erzählen von ihrer Schwangerschaft,
der Vorfreude und dem dunkelsten Moment in ihrem Leben.
Was tun, wenn man plötzlich keine Mutter mehr ist und das
Leben, das man schon geplant hat, nicht eintritt?
Wenn das Unvorstellbare eingetreten ist und Eltern ihr Kind
direkt nach der Geburt verloren haben, klingelt bei Xenia
Krämer das Telefon. Sie ist Trauerpädagogin und Bestatterin
und hat sich der Begleitung der Eltern von Sternenkindern
angenommen. Sie nimmt die Familien an die Hand und
begleitet sie im Trauerprozess, Abschiednehmen und hilft,
tröstliche Gedenkrituale zu entwickeln. Für die Eltern und
besonders die Mütter eine unendlich wertvolle Hilfe zur
Überwindung dieser traumatischen Momente. Xenia führt in
ihrer einfühlsamen Art auch darauf hin, wie die Umgebung
dabei helfen und unterstützen kann. Ein gesellschaftliches
Tabuthema und dringende Notwendigkeit bzgl. der reproduktiven
Rechte von Frauen wird behutsam offengelegt.
Anschließend Gespräch mit der Regisseurin, der Bestatterin
und einer Hebamme verwaister Mütter

18:00 Uhr l d.a.i.
von Brenda Michell, Michael Toledano, Jennifer
Wickham
Kanada, 2024, 110 Min., Dok umentarfilm, Englisch mit franz. UT
Yintah


Furchtlos, herausfordernd stellt sich Tsakë ze‘ Howilhkat
Freda Huson Baggern und Polizisten in den Weg. Die Anführerin
des Clans der Unist’ot’en besetzt seit 2011 das
Land ihrer Ahnen, mitten auf der umkämpften Pipeline-
Trasse riesiger Gasunternehmen, auf dem Land des Wet’suwet’en
Volkes in Kanada. Andere indigene Familien folgen
ihr. Yintah bedeutet „Land“, und dies wurde nie Kanadas
Behörden übergeben – das bewiesen die Wet’suwet’en
dem Obersten Gerichtshof für 22.000 km² Land. Trotzdem
erlaubt Kanada den Bau der Pipeline.
Im erbitterten Widerstand gegen das zerstörerische Projekt
kämpft auch Tsakë ze‘ Sleydo‘ Molly Wickham. Die Anführerin
des Gidimt’en Clans bewohnt auf indigenem Land eine
Hütte, strategisch errichtet an einem idyllischen See. Sie
konfrontiert buchstäblich von der Schwelle ihres Hauses
aus Polizisten, welche die Invasion der Pipeline-Unternehmen
durchsetzen sollen. Über ein Jahrzehnt folgt der
spannende Dokumentarfilm Freda und Sleydo‘ als Ikonen
des Wet’suwet’en-Widerstands bei ihrem Kampf, ihre Kultur,
ihre Kinder und ihr Land vor kolonialer Gewalt zu schützen.
Für die Wet’suwet’en steht ihre Zukunft auf dem Spiel.
6 internationale Filmpreise
In Kooperation mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut

20:30 Uhr l d.a.i.
von Nathalie Álvarez Mesén
Costa Rica / Schweden / Deutschland, 2021, 106 Min., Spielfilm, OmdU
Clara Sola

Eintritt frei!
Eine Frau streift durch ein Stück Urwald, ihre Hände streichen
über Blätter und Baumrinden, aufmerksam hört sie einen
kleinen Käfer im Gras krabbeln. Clara hat eine symbiotische
Verbindung zur Natur, auch zur weißen Stute Yuca, der ihre
ganze Liebe gilt; sie darf sie jedoch nur in einem bestimmten
Umkreis der kleinen Farm in Costa Rica aufsuchen. Ihre
Mutter kontrolliert ihr Leben im kleinsten Detail. Denn die
unter Skoliose leidende Clara gilt als Wesen mit übernatürlichen
Kräften mit besonderer Verbindung zur Jungfrau
Maria und bringt in Heilungszeremonien mit Dorfbewohnern
der Familie Geld ein. Um diese Kräfte zu erhalten,
kleidet die Mutter Clara wie die Jungfrau und verbietet ihr
drastisch auch nur Gedanken an Sexualität!
Doch mit der „Quinceañera“ ihrer frühreifen Nichte Maria
flammen nicht nur deren körperliche Begierden mit dem
Landarbeiter Santiago auf. In Clara erwacht eine sinnliche
Unruhe. Ihre spät aufblühende Sexualität setzt etwas Wildes,
Furchtloses, Mystisches in ihr frei. Nach der gewaltsamen
Eruption Claras und der Natur um sie herum beginnt sie eine
Reise zur Selbstheilung, frei von den Zwängen, die ihre Autonomie
verkrüppelt haben. Sinnlich, vehement, magisch.
20 internationale Preise, u.a. São Paulo, Stockholm; Nominierungen
Oscar Costa Rica und Goldene Kamera Cannes

Frauenfilmtage in Tübingen